Wir bekamen Feedback zu unserer Recruiting-Kampage für unseren geschätzten Kunden MeckCura. Und dieses Feedback ging von „Geht’s noch?“ über „Schrecklich ... absolut cringe .“ bis hin zu „Typische kreative Brainstorming-Idee im Anfangsstadium. Einer lässt den Spruch los, und alle lachen sich kaputt wie in der 7. Klasse. Statt aber dann diese lustige Energie mitzunehmen und ernsthaft weiterzusuchen, haben sich diese infantilen Werber darauf ausgeruht. Doof und völlig daneben.“
Für uns als Agentur, die bereits seit 2015 die MeckCura Pflegedienst GmbH betreut, gab es also gepflegt eins auf die Fresse von den lieben Kollegen der Kreativbranche. Diese Kritik nehmen wir nicht persönlich, sondern lieber zum Anlass, unsere „Gepflegt“-Kampagne einmal genauer zu beleuchten. Es geht im Speziellen um das Kampagnenmotiv „Gepflegt einen fahren lassen“, welches unter anderem auch für die Beklebung von Bussen in Wismar und Rostock verwendet wurde.
Kürzlich wurde unsere Kampagne von Oliver Voss bewertet. Unsere Arbeit fiel durch, sein Urteil war ungünstig, so wie bei vielen anderen Werbekampagnen auch, die er bespricht.
Wir nehmen es sportlich und danken ihm für seine Worte, denn wir finden, die Aufmerksamkeit hat MeckCura durchaus verdient. Wir lieben unseren Kunden und freuen uns, wenn sich die Sichtbarkeit durch einflussreiche Multiplikatoren vervielfacht.
Oliver Voss meint in seinem Video – hier im O-Ton: „Schaut euch mal diese Werbung an, bitte. ‚Gepflegt einen fahren lassen‘, steht da. Ernsthaft? Der Einzige, der diese Zeile gut findet, ist der, der sie geschrieben hat. (...) Diese Zeile finden nur Werber gut. Das ist total daneben für dieses Produkt. Es muss nicht dem gefallen, der sie schreibt, wie hier dem Texter, sondern dem, der sich angesprochen fühlen soll. Und der, der hier angesprochen werden soll, wird bestenfalls sagen: ‚Ich verstehe nicht, was die meinen.‘ Und schlimmstenfalls: ‚Sag mal, geht’s noch?‘ Das würde ich nämlich auch sagen.“
Viele Kommentare zu seiner Besprechung auf LinkedIn – vornehmlich von Akteuren der Kreativbranche – zeigten Einigkeit mit Oliver Voss und waren dementsprechend kritisch.
Es gab aber auch einige Stimmen, die Voss widersprachen oder seinen Standpunkt erweiterten, etwa mit der Perspektive, dass gar nicht die Senioren die Zielgruppe sind. Jemand aus dem Sales-Bereich schrieb:
Damit, Thomas, kommen wir der Sache tatsächlich schon näher. Augenscheinlich hat Oliver nie einen Pflegedienst als Kunden betreut. Sonst wüsste er, dass es für die meisten Pflegedienste kein Problem darstellt, neue Klienten zu akquirieren (Stichwort: Demografischer Wandel). Die Zielgruppe ist dann nicht der Senior selbst, sondern es sind die Verwandten, die darüber entscheiden, ob jemand betreut werden soll – also in erster Linie die Kinder. Wo in der Pflegebranche der Schuh wirklich drückt, ist jedoch beim eigenen Personalbedarf. Pflegedienste und Seniorenheime benötigen Pflegehelfer, Pflegefachkräfte und gute Pflegeleitungen. Darauf zielen die Marketingmaßnahmen für MeckCura ab: auf eine auffällige, ja unterscheidbare Positionierung als attraktiver Arbeitgeber. Und warum steht auf dem Bus nichts von „Wir suchen“, „Wir stellen ein“ oder „Jetzt bewerben“? In diesem Fall ist es eine langfristig angelegte Kampagne, und die Zielgruppe soll von selbst den Wunsch entwickeln, in einem Unternehmen zu arbeiten, das lockerer unterwegs ist. Wir kaufen lieber etwas, als dass wir etwas verkauft bekommen, oder?
Außerdem wissen mittlerweile alle: Mitarbeiter kommen oft wegen des Rufs des Unternehmens und verlassen es wieder wegen der Vorgesetzten. Wenn hier der Chef persönlich für das Motiv posiert, wird es aus unserer Sicht besonders identifikativ.
Ich bin auf Voss’ Feedback gestoßen, weil unser Kunde MeckCura in seiner Coolness diesen Beitrag in seinem Facebook-Reel aufgenommen hat.
Wer ist nun dieser Oliver Voss? Er war wohl mal eine große Nummer, Vorstand von Jung von Matt, und laut LinkedIn und TikTok ist er noch vieles mehr.
Morgens besprach ich mit einem Kollegen im Call unsere „Fanpost“ und nebenbei googelten wir, wer Oliver Voss überhaupt ist und was er so macht – schließlich sind seine JVM-Tage auch schon eine Ewigkeit her. Er bespricht als Topwerber [sic] regelmäßig Werbekampagnen auf sozialen Medien und Videoplattformen. Hier ein Screenshot von YouTube. Es ist eine ganz coole Serie, weil er wichtige Punkte anspricht. Hier ist ein Screenshot seines YouTube-Kanals - das Bild wurde nicht wegen der wenigen Aufrufe gewählt (die anderen Kanäle von ihm laufen um ein Vielfaches besser), sondern wegen der kinskiesken Vielseitigkeit von Voss' Mimikspiel ;-):
Wie kam es nun zu der Gepflegt-Kampagne?
Im September 2022 starteten wir die Arbeiten für die Werbekampagne für unseren geschätzten Kunden MeckCura Pflegedienst GmbH, die Standorte in Wismar, Rostock und Güstrow betreibt. Das Briefing lautete: „Wir suchen schon seit geraumer Zeit nach einem ‚merkwürdigen‘ Satz/Slogan, der in Stellenausschreibungen Aufmerksamkeit erregt. Es darf polarisieren und anecken.“
Ziel war es, Aufmerksamkeit zu generieren. Das Briefing kam nicht direkt vom Kunden, sondern von einer Consultant, die auf die Pflegebranche spezialisiert ist und unseren gemeinsamen Kunden seit Jahren berät. Zu dieser Zeit arbeitete ein Texter für uns zwölf Stunden pro Woche neben seiner Haupttätigkeit bei einer anderen namhaften Agentur. Er erarbeitete neun Ansätze; weitere fünf Ansätze konzipierten wir mit einem weiteren Texter aus unserem Team. Der Kunde erhielt unsere Präsentation, und nach einigen Wochen kam das Feedback, dass „wir uns für die etwas ‚anstößigen‘ Ideen erwärmt haben“.
Neben „Gepflegt einen fahren lassen“ gab vier weitere Sprüche, darunter etwa „Gepflegt einen hochkriegen“. Kein Witz.
Es wurde ein Fotograf beauftragt, um die Motive zu realisieren. Und diese wurde dann vielfältig verwendet. Als kleine animierte Anzeigen, als Flyer-Eyecatcher und so weiter. Hier ist beispielsweise ein Auszug aus einer animierten Anzeige, die in der Weihnachtszeit bis zum Jahreswechsel 2023 lief.
Ja, lieber Robin, tatsächlich fällt es auf. Wer hätte das gedacht? Wir brachten dann die ersten Motive auf Social Media in animierten Stellenanzeigen.
Später folgten Layouts für die Busbeklebungen in Rostock und Wismar. Als die ersten Busse fuhren, rief die Pflege-Consultant an und erzählte von dem positiven Feedback, das sie erhalten hatte. Sogar ein Mitarbeiter von Mandarin, der größten Agentur in M-V, lobte uns. Na dann, ein Prost auf diese infantilen Werber …
Unsere Recruiting-Kampagne für MeckCura schlug nun auch digitale Wellen. Der erste große Aufmerksamkeitsschub kam durch den TikTok-Kanal dat_kannst_nich_machen, als der Creator hinter dem Bus fuhr und auf das Motiv hinwies. Von der Reichweite her war es das dritterfolgreichste Video des Kanals. Er hat den Beitrag noch heute fixiert bei sich.
Bestärkt wurden wir durch über 1.600 Likes und Dutzende Kommentare unter dem Video, die die Kampagne positiv bewerteten.
Der nächste große Sichtbarkeitsschub kam vor einem Monat durch den Beitrag von Oliver Voss, der auf verschiedenen Kanälen publiziert wurde. Bei LinkedIn wurde die Kampagne mehrheitlich verrissen. Siehe einige Kommentare hier:
Diese Würdigung unserer kreativen Arbeit erinnert mich ein wenig an den Eindruck, den ich von der Facebook-Seite Da kotzt das Texterherz bekam, wo ich vor vielen, vielen Jahren mal ein Kurzzeitfan war. Schon nach wenigen Monaten war es mir dort zu viel. In einer Blockwartmentalität wurde jeder Wortwitz schlecht gemacht. Wer sein Radar auf kritische Empörung stellt, findet immer etwas zum Kotzen. Ja, ich stimme zu, nicht jede Headline ist gut. Manches ist sexistisch, manches schlicht dumm. Aber auch vieles, was humorvoll oder doppeldeutig war, wurde gnadenlos runtergemacht. Ich habe die Seite schließlich schnell wieder entliked. Die Leute waren mir zu verbissen, zu moralisierend, zu selbstgefällig. Ein bisschen so wie manche Kritik jetzt bei den Kommentaren von Oliver Voss oder von ihm selbst in einigen seiner Videos. (Habe für diesen Beitrag gerade noch einmal bei Da kotzt das Texterherz vorbei geschaut. Jetzt ist die Fanpage wohl zur reinen Unterhaltungsseite verkommen … naja, anderes Thema.)
Jetzt kommt die Ironie dieser ganzen Story: Oliver Voss lag nicht nur falsch beim Verständnis der Zielgruppe, sondern auch in einem weiteren Punkt. Er meinte: „Der einzige, der diese Zeile gut findet, ist der, der sie geschrieben hat.“
Kurz bevor Voss’ Verriss online ging, brachte der Texter selbst seinen Slogan als Beispiel für einen Griff ins Klo. Hier ist der Screenshot vom 13. August.
Ich schrieb ihm wenige Minuten nach Erscheinen via LinkedIn. Meine Chatnachricht ist dem Screenshot beigepackt..
Der Beitrag ging offline, mein Telefon klingelte. Wir lachten herzlich darüber. Der Texter hatte schlicht vergessen, dass der Ansatz von ihm stammte. Und dann wird so ein anstößiges Wortspiel natürlich besonders beäugt.
Am Ende lässt sich sagen: Der Köder muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch. Während die Kritik hauptsächlich aus der eigenen Branche kam, wurde die Kampagne bei der Zielgruppe sehr positiv wahrgenommen, und selbst Mitbewerber aus der Pflegebranche gratulierten dazu – online wie offline.
Bei Instagram hat Oliver Voss’ Beitrag für MeckCura Aufmerksamkeit generiert: knapp 2.000 Likes und Dutzende Kommentare, die das feiern.
Genau das gleiche Bild bei TikTok – fast 20.000 Aufrufe und 100 Kommentare.
Das einzige, was wirklich schiefgelaufen ist, ist die Arbeit des Beklebers. Er hat die Arbeitsdateien für die Beklebung erhalten, aber am Ende unnötige Anpassungen vorgenommen, die die Lesbarkeit verschlechtert haben, indem er beispielsweise die Textabstände entfernt hat. Darüber kann ich mich tatsächlich ärgern. Doch es schmälert nicht den Erfolg der Kampagne.
Unser Kunde ist jedenfalls sehr zufrieden und lässt immer wieder neue Sachen von uns gestalten mit dem Gepflegt-Ansatz. In Kürze findet eine FightNight in Güstrow statt, die er mit T-Shirts sponsern wird. Das T-Shirt-Motiv lautet: Gepflegt austeilen … mit dem MeckCura Pflegedienst in Güstrow.
In diesem Sinne: Vielen Grüße an Oliver Voss und ein herzliches Dankeschön für seine kritische Würdigung, die unserem Kunden kostenlose Reichweite und viel Applaus gebracht hat.